Ulla Kiesling
WAS BEDEUTET “SENSORISCHE INTEGRATION”?
“Sensorische Integration” ist das Zusammenspiel aller Sinne und nimmt seinen Anfang bereits sehr früh im Mutterleib. Zusammenspiel aller Sinne meint das Ordnen von Empfindungen und Reizen, so dass der Mensch auf bestimmte Stimuli, der Situation entsprechend, adäquat reagieren und handeln kann.
Die Amerikanerin Jean Ayres schrieb 1979 das Buch „Sensory Integration and the Child" . Sie schrieb es für Eltern wahrnehmungsgestörter Kinder. Es sollte helfen, die Schwierigkeiten ihrer Kinder zu erkennen, besser zu verstehen und somit selber sinnvoller zu handeln, denn informierte Eltern unterstützen und begleiten eine Therapie viel motivierter.
1984 übersetzten Dr. lnge Flehmig und Dr. Rolf Flehmig das Buch ins Deutsche. Es erschien unter dem Titel "Bausteine der kindlichen Entwicklung" (Springer Verlag). lnge Flehmig und Ulla Kiesling fehlten in diesem, an sich sehr empfehlenswerten, Buch der Dialog. Der ständige Hinweis lnge Flehmigs auf den Dialog ließ Frau Kieslings praktische Arbeit mit den Kindern mit größerer Bewusstheit reflektieren, so dass der Dialog die wichtigste Grundlage für ihre Therapie wurde.
Jean Ayres forschte über die frühe Entwicklung des Nervensystems im Uterus. Sie ging davon aus, dass drei bestimmte Sinnessysteme ihre Arbeit im Uterus als erste aufnehmen. Diese drei Sinnessysteme nannte sie die Basissinne. Sie bilden gewissermaßen die Grundlage für das komplexe Zusammenspiel aller Sinne.
Die Systeme lauten:
- das vestibuläre System = Gleichgewichtssystem
- das taktile System = System der Haut
- das propriozeptive System = System der Tiefenwahrnehmung (Druck und Zug an Muskeln, Sehnen und Gelenken)
Die drei oben genannten Basissinne arbeiten mit Sinnesreizen, die nah vom Körper erzeugt bzw. wahrgenommen werden. Ayres nannte sie auch die Nahsinne. Zu den Fernsinnen zählte sie: Hören, Riechen, Schmecken, Sehen und Fühlen, also Sinne, die ihre Reize aus der Ferne empfangen. Die Fernsinne beginnen ihre Arbeit etwas später in der Entwicklung des Menschen.
Das ausgewogene Zusammenspiel aller Sinne reguliert den Muskeltonus (Muskelspannung). Hier gibt es zwei auffällige Erscheinungsbilder des schlaffen Kindes. Das erste bleibt im schlaffen Tonus. Das zweite, das als scheinbarer Muskelprotz versucht gegenzuregulieren, kommt somit in die Verspannung. Man kann Sensorische Integration im Dialog auch als Spannungsregulationsmethode verstehen.
Die Auflistung der Basissinne und Fernsinne lässt häufig den Eindruck entstehen, dass sie getrennt voneinander ihre Arbeit leisten oder bei bestimmten Defiziten isoliert behandelt werden können. Tatsächlich sind sie aber so eng miteinander verwoben, dass immer alle Systeme, die Nah- und Fernsinne, gleichzeitig arbeiten.
Wichtig für die Therapie ist, das einzelne (unterempfindliche) Sinnessysteme mit Schwerpunkt zu stimulieren, so dass andere (empfindlich oder überempfindlich) möglichst geringeren Herausforderungen ausgesetzt sind.
In der "Sensorischen Integration im Dialog" nach Ulla Kiesling® wird dem Kind über den strukturierten Raum mit seinen ausgewählten Materialien sowie durch das verbale und nonverbale Handeln der Therapeutin/des Therapeuten die Möglichkeit geboten, weitgehend selbstbestimmt Sinnesnahrung aufzunehmen.
Nur auf dieser Ebene hat das entwicklungsbeeinträchtigte bzw. behinderte Kind eine Chance in größtmöglicher Sicherheit mit sich selbst in Kontakt zu kommen, um sich weiterentwickeln zu können.
Dabei begibt es sich, spielerisch und ganz von selbst, von seinem Lebensalter auf sein Entwicklungsalter. Hier wird es abgeholt und entfaltet sich im größtmöglichen Gleichgewicht zu unvorhersehbarer Größe.
Für den Entwicklungsgestörten Säugling, für das Kleinkind in den ersten Lebensmonaten, oder das behinderte Kind, das nicht selbst aus einem Materialangebot wählen kann, benötigt der Therapeut noch spezielleres Wissen und Techniken, um auch mit diesen Kindern in den Dialog zu kommen. Hier ist es von Nöten zu Wissen, dass wir auch davon sprechen, dass Gefühle unser erster Verstand sind. Bevor ein Kind seinen Körper nicht gut und angenehm fühlt, in den genannten Sinnessystemen, kann es mit der besten Technik allein, nicht in die qualitative Bewegungsentwicklung kommen. Hier ist es wichtig, gute Techniken (zb. Bobath) mit den Wissen um die "Sensorischen Integration im Dialog" nach Ulla Kiesling® im Dialog zu verbinden.
WEM NÜTZT “SENSORISCHE INTEGRATION IM DIALOG" NACH ULLA KIESLING®”?
Ganz einfach gesagt: "JEDEM!" Das Zusammenspiel der Sinne bietet die Grundlage, sich gut zu fühlen.
Schon Goethe sagte: "Wenn ihr es nicht fühlt, ihr werdet es nie erjagen!"
Jean Ayres sagte: "Etwas, was man nicht kann, kann man nicht üben!"
Ulla Kiesling sagt: "Für alles, was der Mensch kann, sagt, denkt, und auch fühlt, braucht es Bedingungen!"
Es scheint so einfach: Der Mensch muss Wege finden sich gut zu fühlen. Jeden Tag aufs Neue, in Aufrichtung gegen die Schwerkraft zu innerer und äußerer Balance. (Siehe Artikel Kiesling: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr).
Hat der kleine und große Mensch erst Bedingungen sich gut zu fühlen, scheint es keine Grenzen zu höherer Entwicklung zu geben, auf der Basis der genetischen Intelligenz.
Das Hochbegabte- oder Teilleistungshochbegabte Kind, ohne eine gute Sensorische Integration (Zusammenspiel der genannten Sinne), scheint diese besondere Gabe nicht balanciert ins soziale und berufliche Leben mit Erfolgt entwickeln zu können. Auch diesen Kinder kann u.a. die "Sensorische Integration im Dialog" nach Ulla Kiesling® helfen.
Das Ziel in der Therapie für jedes Kind ist für Ulla Kiesling "LEBENSFREUDE!"